Ruanda – ein kleiner Einblick

Nun ist es auch schon wieder mehr als drei Wochen her, dass Cornelius und ich von unserem Seminar und der Ruanda-Rundreise zurück sind. Darum jetzt ein kleiner Reisebericht.

Seminar
An einem Freitagmorgen, um 5h, schulterten wir unsere Reiserucksäcke und machten uns auf den Weg in die Stadt, um von dort aus mit dem Bus nach Kigali zu fahren. Ich hatte natürlich viel zu viel Sachen dabei, und vor allem die falschen, denn Ruanda ist im Vergleich zu Bujumbura saukalt, aber das sollte ich erst später zu spüren bekommen ^^

Mit einem Riesenreisebus ging’s ab über die Berge, Richtung Kigali. Das Ding war so riesig, dass es bei jeder Kurve hin- und herschaukelte und zu Anfang dachte ich, jede Minute kullern wir den Abhang runter. Aber ich schätze, die Busfahrer haben eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie sie fahren müssen, schließlich sind sie fast jeden Tag auf derselben Strecke unterwegs.
In Kigali angekommen wurden wir von unserer Seminarleiterin abgeholt und ins Gästehaus des DED gebracht. Dort machten wir bis zum Abend erstmal gar nichts, hatten wir uns schließlich verdient.

Pizzaessen

Pizzaessen

Während der nächsten Seminartage mit den vier anderen DED-Freiwilligen hatten wir die Möglichkeit zu resümieren, wie es uns bis jetzt in Burundi bzw. Ruanda ergangen war, welche Erfolgserlebnisse wir hatten und vor allem über Probleme zu reden und uns Tipps von den anderen zu holen. Sonntag gab es ein Kontrastprogramm: vormittags ein Besuch im Richard-Kandt-Museum in Kigali, er war der erste kaiserliche Resident von Ruanda-Urundi, abends ließen wir uns eine ruandische Disko zeigen, von der ich allerdings nicht so begeistert war; Körperkontakt beim Tanzen wird da allgemein überbewertet, finde ich.
Mein ganz persönliches Highlight war aber, Betty endlich nach fast 6 Monaten wieder zu sehen, wir hatten uns eine Menge zu erzählen ^^

Mit Richard Kandt

Mit Richard Kandt

Blick auf Kigali

Blick auf Kigali

Betty & Ich

Betty & Ich

Am Montag ging es nach Butare, der Studentenstadt Ruandas, im Süden des Landes gelegen. Mir war schlecht, ich hatte Bauchkrämpfe und musste zwei Stunden im Auto durchhalten. Schuld war ein Grieche, bei dem wir am Tag zuvor gegessen hatten, rohen Salat und Mayo sollte man halt nicht überall essen…
Neben Diskussionsrunden und gegenseitiger Beratungsrunden zu aktuellen Problemen besichtigten wir den Königspalast Ruandas sowie ein Landwirtschaftsprojekt, das von ruandischen Studenten und ihren Dozenten ins Leben gerufen wurde, und machten einen Workshop zum Thema Beziehungen, dem Umgang mit Sexualität und natürlich AIDS/HIV, auch mit Studenten aus Butare. War superinteressant zu hören, was ruandische Jugendliche zum Thema Beziehungen usw sagen und wie präsent die Angst vor Aids wirklich ist.

Frühere königliche Behausung - eine traditionelle Rundhütte

Frühere königliche Behausung - eine traditionelle Rundhütte

Bierkalebassen - Der König ernährte sich nur von Bier und Milch. Kauen galt als unschicklich.

Bierkalebassen - Der König ernährte sich nur von Bier und Milch. Kauen galt als unschicklich.

Speersammlung im Palast des letzten ruandischen Königs

Speersammlung im Palast des letzten ruandischen Königs

Am Ende des Seminars wurden wir spontan von einer anderen Freiwilligen eingeladen, die in der Nähe des Nationalparks wohnte, der unsere erste Reisestation sein sollte.
Eigentlich war geplant gewesen, gleich am nächsten Tag weiterzufahren, woraus aber nichts wurde. Stattdessen beschlossen wir, zu der Genozid-Gedenkstätte „Murambi“ zu gehen, die auch ganz in der Nähe war.

Murambi

Gedenkstätte

Gedenkstätte

Als wir auf das Gelände kamen, war weit und breit niemand zu sehen. Wir gingen also weiter. Dann tauchte plötzlich ein junger Mann auf, mit Kopfhörern am Ohr, und winkte uns zu, ihm zu folgen. Er sprach kein Französisch, nur Kinyirwanda und einige Worte Englisch. „School“ war eines davon. Er führte uns weiter, zu einem der ehemaligen Schulgebäude vermuteten wir, öffnete die Tür und uns stockte förmlich der Atem. Der ganze Raum war gefüllt mit präparierten Skeletten, die hatten sie eingekalkt oder so, was ich aber zuerst gar nicht realisierte und dachte, das wären Gipsnachbildungen. Doch im nächsten Moment begann ich den Verwesungsgeruch, der eigentlich schon die ganze Zeit über dem Gelände gelegen hatte, wahrzunehmen.

Wir gingen zur nächsten Tür: Leichen.  Später gab es einen Raum nur für die Kinder, die Frauen… Ungefähr 20 gibt es von diesen schaurigen Räumen, aber nachdem ich drei von ihnen gesehen hatte, konnte ich nicht mehr.
5000 Skelette liegen in ihnen, viele sind vom Massengrab zerquetscht oder man sieht die Verletzungen der Machete an den Schädelknochen.
Zu uns stieß eine Frau, sie sprach ein wenig Französisch und erzählte uns, dass bei den Kämpfen in dieser ehemaligen Berufsschule 50.000 Menschen umgekommen waren. Sie war eine der Überlebenden, ihren Mann und ihre Kinder hatte sie verloren. Trotzdem ist sie nun jeden Tag da, um die wenigen Touristen, die den Weg dorthin finden, herumzuführen.
Tafeln oder Erklärungen gibt es dort keine, man wird einfach mit diesen Eindrücken allein gelassen.
Die Ausstellung, die es dort gibt, wurde nie eröffnet.

Nur auf ein Massengrab wird hingewiesen

Nur auf ein Massengrab wird hingewiesen

Anhand der Kleidung der Opfer sollten Angehörige identifiziert werden

Anhand der Kleidung der Opfer sollten Angehörige identifiziert werden

Cornelius mit der Frau, die uns führte

Cornelius mit der Frau, die uns führte

Ich verließ die Ausstellung mit einem ganz merkwürdigen Gefühl, plötzlich schien mir alles, was ich bisher über den Genozid gehört hatte, so präsent, als hätte ich etwas davon miterlebt.

Nyungwe Forest
Unser nächstes Ziel war der Nyungwe-Forest, eine Regenwald im Südosten Ruandas gelegen.
Morgens wollten wir los, doch zuerst noch etwas zu essen kaufen. Leider waren alle Geschäfte geschlossen, aber ein netter Ruander zeigte uns eine kleine Pension, wo wir etwas Brot und Ciapattis kaufen konnten. Zeit hatten wir ja noch genug, dachten wir! Als wir wieder auf der Straße standen kam jemand vom Busunternehmen angerannt und winkte uns ganz aufgeregt, wir sollten zur Haltestelle kommen. In diesem Moment fuhr dann der Bus auch schon an uns vorbei und wir zischten und pfiffen ihm hinterher, denn das war so ziemlich der einzige Bus am Tag und wir hatten unsere Tickets schon gekauft. Der Bus hielt und wir konnten einsteigen. Dank sei dem Buschfunk ^^

Die Strecke war so kurvig, dass einigen schlecht wurde. Schätze, das wir jetzt total schadenfroh klingen, aber ich erzähl es trotzdem, das war einfach zu skurril. Ein junges Mädel, das mit uns fuhr, schien keine Tüten oder ähnliches zu besitzen, in die sie sich hätte übergeben können und Plastiktüten sind ja in Ruanda auch verboten, jedenfalls übergab sie sich erst auf den Rücken ihrer Nachbarin, später in ein T-Shirt und schließlich in ihre Tasche. Ganz diskret.

Los geht's!

Los geht's!

Startklar

Startklar

Der Nyungwe-Forest ist genial! Cornelius und ich machten eine 10-km-Wanderung, gute 5 Stunden lang. Erst zwei Stunden ganz tief ins Tal, dann der Aufstieg. Wir haben uralte Riesenbäume, verholzte Lianen und Wasserfälle gesehen. Und Affen, aber die waren wirklich ziemlich weit weg.

Gigantisch

Gigantisch

Touri am Wasserfall

Touri am Wasserfall

Beeindruckend

Beeindruckend

Ausblick ins Tal

Ausblick ins Tal

Mit unserem Guide

Mit unserem Guide

Am Nachmittag setzten wir uns einfach an die Straße und warteten auf einen Bus. Man hatte uns gesagt, das würde klappen. Tat es auch, nur eigentlich war der Bus schon voll, aber einer oder zwei gehen immer noch rein. Das Gepäck wurde also in den Kofferraum gequetscht, Cornelius auf den Klappsitz zwischen zwei Mamas und ich durfte mich nach vorn setzen, was so ziemlich der bequemste Platz im Bus war.

Kibuye
Am nächsten Tag brachen wir nach Kibuye auf, einem kleinen Städtchen direkt am Kivu-See.

Im Bus - Leute strecken ihr Geld entgegen, um noch einen Platz im Bus zu bekommen

Im Bus - Leute strecken ihr Geld entgegen, um noch einen Platz im Bus zu bekommen

Kleiner Markt am Straßenrand - Hier kann man aus dem Busfenster heraus Früchte kaufen

Kleiner Markt am Straßenrand - Hier kann man aus dem Busfenster heraus Früchte kaufen

Dort verbrachten wir zwei Tage, einfach nur am See chillen, ein bisschen Stadtgucken und eine kleine Bootsfahrt.
Es ist wunderschön dort. Man kann einfach nur auf den See schauen, die Fischer beobachten und auf den Sonnenuntergang warten.

Abenddämmerung

Abenddämmerung

Mittagspause

Mittagspause

Fischer, die am Abend au den See rausfahren

Fischer, die am Abend au den See rausfahren

Kirchenbesichtigung

Kirchenbesichtigung

Mit dem Boot zurück

Mit dem Boot zurück

Nach diesen zwei Tagen kam die schlimmste Busfahrt von allen: Wir fuhren die ganze Zeit, wie soll es in Ruanda anders sein, durch die Berge. Dazu kam aber, dass die ganzen Straßen nicht geteert sind und man die ganze Zeit von Löchern durchgeschüttelt wird. Der Bus war außerdem so überfüllt, dass ich nur noch einen Sitzplatz für eine meiner Pobacken bekommen habe und mich mit meinem anderen Bein die ganze Zeit abstützen musste, um nicht von der Sitzbank zu fallen. Das konnte ich unmöglich 5 Stunden lang aushalten, deshalb bin ich irgendwann in den Kofferraum geklettert. Der war voll mit Gepäck und Menschen, die darauf saßen. Unsere Rucksäcke waren irgendwo im vorderen Teil des Busses verstaut worden und wie immer konnten wir nur hoffen, dass sie am Ende noch da sind…
Im Kofferraum war es ziemlich bequem, im Vergleich zu vorher. Irgendwann merkte ich aber, dass ich am Morgen zu viel Tee getrunken hatte und jetzt ziemlich nötig auf Toilette musste. Was tun? Der Bus hielt unterwegs immer mal wieder kurz an, um Leute rauszulassen oder neue einzuladen. Man wusste aber nie, wie lange. Irgendwann, als wir wieder hielten, sprang ich also auf drückte einem älteren Franzosen meine Tasche in die Hand, kletterte über die Gepäckberge und sprang aus dem Bus. Einer der Schaffner stand draußen am Bus, dem rief ich zu, er sollte 5 Minuten warten und sprintete zum nächstgelegenen Haus. Ich hatte echt Schiss, der Bus würde ohne mich weiterfahren! Dem ersten, den ich traf fragte ich nach einer Toilette, er hatte sofort eine parat. Auf dem Rückweg drückte ich ihm noch schnell 20 Francs in die Hand, was anderes hatte ich nicht, und kletterte zurück in den Bus, der wirklich auf mich gewartet hatte. Ich war heilfroh.

Kurze Zeit später fing es an zu regnen. Auf einer Seite fehlten dem Bus allerdings einige Fenster, deshalb regnete es rein. Alles kein Problem, jemand spannte seinen Schirm auf, der Pflichtgepäck jedes Afrikaners auf Reisen zu sein scheint, und es war erledigt.
Auch wenn die Fahrt echt anstrengend war, geht sie doch die ganze Zeit am Kivu-See entlang und wird man durch den Blick auf den See und die wunderschöne Landschaft entschädigt.

Gisenyi
In Gisenyi, einer Stadt im Nordwesten Ruandas, angekommen, konnten wir endlich etwas essen und trinken und wurden kurze Zeit später von zwei anderen Freiwilligen abgeholt, bei denen wir übernachten konnten. Sie kümmern sich dort um Straßenkinder und sie haben uns mit zum Strand genommen, um dort mit den Kids Volleyball zu spielen.

Völlig fertig nach der Busfahrt

Völlig fertig nach der Busfahrt

Unser Gastgeber Bene beim Kochen des "Shukuru Umwa"

Unser Gastgeber Bene beim Kochen des "Shukuru Umwa"

Ruhengeri
Unser nächstes Ziel war Ruhengeri, Bettys Einsatzplatz! Sie zeigte uns das Krankenhaus, in dem sie arbeitet, wir fuhren an einen nahe gelegenen See und hatten eigentlich vor, einen der fünf Vulkane zu besteigen, was sich im Endeffekt aber als zu teuer herausstellte, weil wir kein eigenes Auto hatten. Vielleicht versuch ich’s noch mal…

Betty bei der Arbeit

Betty bei der Arbeit

Einer der Vulkane

Einer der Vulkane

Cornelius, Marleen & ich nach unserem Tag am See

Cornelius, Marleen & ich nach unserem Tag am See

Am Wochenende feierte Marleen, Betty Mitfreiwilligem, Geburtstag. Dazu kamen alle Freiwilligen, die wir auf dem Seminar und während unserer Reise kennen gelernt hatten, nach Ruhengeri. Das war genial! Nachdem wir alle zusammen ungefähr den ganzen Nachmittag gekocht hatten, gab es abends ein Riesenessen und danach ging’s in die Disko. Ein Erlebnis für sich…

Beim Kochen

Beim Kochen

Am nächsten Tag hieß es dann auch schon Abschiednehmen, denn wir mussten langsam zurück. Mit einer Zwischenstation in Kigali kamen wir wieder in Burundi an.
Als wir aus dem Bus stiegen und ich, mit meinem Riesenrucksack wieder einmal fast vom Motorrad gefallen wäre, machte sich eine ziemliche Freude in mir breit. Ich saß dort, mit einem breiten Grinsen im Gesicht, der Wind wehte mir entgegen und ich genoss das Gefühl, wieder zurück zu sein. Es war ein bisschen wie, wenn man nach einem langen Urlaub nach Hause kommt.

Auf dem Rückweg

Auf dem Rückweg

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